Dienstag, 27. Januar 2009

Aufgefallen...

Zebrastreifen
Möchte man in Frankreich am Straßenverkehr partizipieren, gilt es einige Unterschiede im Vergleich zur Heimat zu beachten. So zum Beispiel der Zebrastreifen, der in Deutschland die Funktion einer Sicherheitszone für Fußgänger hat, um diesen sicher die Straßenüberquerung zu ermöglichen. Autofahrer haben ihn zu respektieren und müssen mit einer empfindlichen Strafe rechnen, sollten sie die armen Passanten gefährden. Zu Recht, würde ich doch meinen, denn wer so blöd ist, dies in Sichweite der Polizei zu machen, hat auch nichts anderes verdient.
In Frankreich aber ist die Situation eine gänzlich andere. Zwar sieht der Zebrastreifen fast genauso aus wie sein Kollege der BRD, doch darf man ihn nicht ähnlich blauäugig betreten. Da ich ein gewiefter Fuchs bin, sind mir die hießgen Spielregeln schnell klar geworden: Man sollte vor dem Betreten unauffällig die Szenerie beobachten und insofern die Situation eine geeignete ist - den herannahenden Autos sollte doch wenigstens eine Vollbremsung ermöglicht werden - beschreitet man den Zebrastreifen, indem man demonstrativ in die andere Richtung schaut und signalisiert so seine nicht vorhandene Kompromissbereitschaft. Der Fahrer steigt also in die Eisen und lässt einen friedlich die Straße passieren. Blickt man jedoch dem Auto abschätzig entgegen, ist dies das Zeichen für den Autofahrer, man könne ja noch weglaufen und gegebenenfalls eine Judorolle über das Gefährt absolvieren und begibt sich somit unnötig in Gefahr. Ob dies die allersicherste Variante ist, lasse ich jetzt einfach mal im Raum stehen; Busse und andere große Gefährte lasse ich bis jetzt aber noch höflich passieren - hier fehlt mir noch einfach die nötige Abgeklärtheit der Franzosen.


Französische Autos

Zugegeben: Ich fahre auch ein französisches Auto, aber schließlich bekam ich ein recht günstiges Angebot meiner Mutter und das war damals einfach die beste Option. Würde ich mir aber heute ein neues Auto zulegen (was aus monetären Gründen derzeit und auch in naher Zukunft nicht möglich ist), würde ich doch erstmal den Automarkt sondieren und dann peu à peu den Traumwagen meines begrenzten Budgets herausfiltern. Der Franzose an sich hat es hier ein wenig einfacher: Er kennt schließlich nur Renault (Créateur d'eurreur) und Peugeot! Die Globalisierung scheint auf dem französischen Automarkt spurlos vorbeigegangen zu sein - trotz der überlegenen und qualitativ hochwertigeren Konkurrenz aus dem deutschen Feindesland. Naja, wenigstens ist mein Auto hier gut aufgehoben und ich schon besser integriert, als es mir meine Sprachkenntnisse bis jetzt ermöglichen könnten.


Die Aufzüge
Wie bereits gesagt, wohne ich nicht gerade in einem Luxusappartement, doch was hier doch sehr bemerkenswert ist, sind die beiden Aufzüge (ein 3er- und ein 6er- Personenaufzug). Irgendwie bekommt man den Eindruck sie wären beim Bau dieses wunderhässlichen Gebäudes aus Kostengründen vom Sperrmüll geholt worden. Ist jedenfalls meine Theorie. Wieauchimmer, die Fahrt mit diesen Aufzügen ist nie langweilig und man ertappt sich doch häufiger als einem lieb ist bei kurzen Stoßgebeten gen Himmel, da sie doch den Eindruck vermitteln, als wären die Stahlseile von Rost, Nagetieren und besoffenen Franzosen bereitsordentlich angefressen. Somit ist man hin und wieder auch einfach froh, wenn sie mal gar nicht funktionieren, was auch nicht ganz selten ist...

Französische Alternative
Der Freiburger Alternativen an sich, bewegt sich meiner Meinung nach schon ganz ordentlich ästhetisch irrefürend durch das badische Städtchen, um zur nächster Demo zu pilgern (für oder gegen was ist ja egal: Hauptsache nicht angepasst!). Doch deren französischen Kollegen setzen der optischen Provokation doch nochmal die Krone auf: Frauen mit kurzen Haaren und einem oder zwei geflochtenen Pimmelschen sind hier keine Seltenheit; der wandelnde Augenkrebserreger wird durch selbstgestrickte Kartoffelsäcke in grellen Farben komplettiert. Leider fehlen mir hier die Worte, um hier ein anschauliches Bild zu kreieren. Werde bei Gelegenheit mal ein paar Portraits machen. Nur soviel sei noch gesagt: Wenn Hässlichkeit hier als Prädikat verstanden wird, haben uns die Franzosen doch deutlich was voraus, zum Glück ist dieser Trend noch nicht nach Deutschland geschwappt...

Dienstag, 20. Januar 2009

Erste Woche

Für Kölner Verhältnisse ist Freiburg nicht gerade ein Partymekka: Die Läden inklusive McDonalds schließen schließlich schon um drei Uhr. Dennoch hat es die Freiburger Partycrew geschafft mir einen feucht-fröhlichen Abschied zu bereiten, von dem ich meinen Enkeln noch erzählen werde. Naja, nicht wirklich; war aber trotzdem ziemlich lustig und schließlich wankte ich recht müde und eventuell derbe dicht um sechs Uhr morgens nach Hause. Die Uhrzeit ist hier als Prädikat zu verstehen, da ich normalerweise doch um einiges früher die Segel streiche. An dieser Stelle nochmal ein dickes fettes Dankeschön! Grade Auch für das kleine Büchlein!

Sonntagsmorgens fuhr ich in meiner Luxuskarosse gen Frankreich. Auf dem Weg dorthin stellten sich mir lediglich zwei Blitzen und die Autobahn bei Paris in den Weg und so kam ich abends bei Familie Schubert (Freunde meiner Eltern) an, die etwa 10 km vor Rennes ihr Domizil haben. Begrüßt wurde ich mit Rouladen aus Deutschland, was doch eine nette Streicheleinheit für meine etwas müde Stimmung darstellte. Ebenso bekam ich noch einen kleinen Crashkurs in französischer Sprache und Mentalität.

Am nächsten Morgen fuhr ich planmäßig und pünktlich (ohne Scheiß!) nach Rennes zur Uni und konnte recht problemfrei mein neues Zimmer beziehen. Das Gebäude, in dem sich das Zimmer befindet, darf man sich als eine Art Kleinod vorstellen, nur das nach dem ersten abschreckenden Eindruck (Plattenbau aus den 60ern, auf der Hässlichkeitsskala locker ne 9,5 von 10 Punkten) nicht wirklich eine Offenbarung eintritt, sondern eher eine Art Erleichterung. Das heißt, mein Zimmer ist in Ordnung, ich habe Möbel, in denen ich mein Zeugs verstauen könnte (man beachte den Konjunktiv!), eine ganze Steckdose und einen Abstell...äh Schreibtisch. Etwas irritierend ist das Waschbecken, welches für Kalt- und Warmwasser je einen Wasserhahn besitzt und das Baider, welches offensichtlich nur pro forma hier eingebaut wurde; vielleicht eignet es sich ja später mal zum Bier kühlen oder so. Toiletten, Duschen und Küche teile ich mir mit meiner Etage (etwa 30 Personen). Alles in allem ist es in etwa so, wie ich es erwartete.

Am Montag selbst hatte ich dann frei und begab mich erst am nächsten Mittag zu einer Versammlung von Erasmusstudenten. Hier durfte ich dann auch erfahren, was es heißt, mal sowas von überhaupt nichts zu verstehen. So klang auch das obligatorische "d'accord?" (verstanden?) etwas zynisch in meinen Ohren, war doch nicht ein einziges Blatt auf Englisch mitübersetzt (waren schließlich nur Ausländer da). Mittlerweile weiß ich glücklicherweise, dass meine Französischkenntnisse (also die Sprache) nicht die allerschlechtesten sind. Ganz vorne dabei sind die Chinesen, bei denen ich mich frage, wie sie effizient Technologiediebstahl begehen wollen, wenn sie doch nicht mal wissen, was sie stehlen. Ein paar Italienerinnen, Brasilianerinnen und Osteuropäerinnen sind auch ganz schön scheiße in Französisch, aber die wollen auch hoffentlich keine Technologie stehlen. Der feminine Plural ist hier auch nicht ganz zufällig gewählt und da ich kein Emanzipant bin, hat es wohl einen Grund: ne geile Frauenquote - jedenfalls quantitativ. Aber da ich das bereits aus Germanistik gewöhnt bin, werde ich hier nicht weiter darauf eingehen.

(Batiment B der Universität; die anderen Gebäude sind etwa ähnlich hübsch)

Aus erzähltechnerischer Perspektive heraus, war die restliche Werkwoche recht unspektakulär und wurde vor allem mit bürokratischem Gedöns verbracht. Am Freitagabend gab es hier eine "Party", die diese Bezeichnung eigentlich überhaupt nicht verdiente und die ich auch nicht erwähnen würde, würde ich auf kostbarem Papier schreiben. Hab aber ne Flatrate und zahle auch nix für den Strom und so erwähne ich sie halt für das Protokoll.

Samstag wurde ein netter Ausflug nach Mont St. Michel für die Erasmusstudenten organisiert. Mont St. Michel ist eine kleine Insel, die grade so im Meer liegt (bzw. liegen sollte, aber die haben hier Versandungsprobleme). War wirklich nett und der Ort ist wirklich traumhaft schön (ohne Witz jetzt). Abends gings dann in eine Salsabar, die dummerweise - wie so fast alles hier - um kurz vor eins dicht machte. Sagte ich bereits, dass es Samstagabend war? Das ist für mich alte Pachtymaus doch deutlich zu früh! Das ist hier seid ein paar Jahren so, seitdem es zuviele Schlägereien und Probleme zwischen Studenten und Polizei gab. Kann also nicht gerade behaupten, hier in einem Partybootcamp gelandet zu sein - und dabei bin ich nur Freiburger Verhältnisse gewohnt...

(Hier seht ihr Mont. St. Michel von unten)